Pierluigi Isola

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San Pietro visto dal Gianicolo

, 2011
Mischtechnik auf Papier
53 x 72 cm Anfrage öffnen

... und der Himmel fängt alles auf

Für die Ansicht der Peterskirche, die im Februar 2011 entstanden ist, wählte der Maler Pierluigi Isola einen erhöhten Betrachterstandpunkt auf dem Gianicolo, oberhalb des rechten Tiberufers. Der Künstler verzichtet darauf, diese beliebte Perspektive zu nutzen, um eine vollständige Sicht auf Rom zu präsentieren. Vielmehr wählt er die Ansicht, um eine ephemere und dabei überaus verzaubernde, tageszeitlich bedingte Lichtsituation wiederzugeben. Er kombiniert hier detaillierte und skizzenhafte Gestaltungsmethoden.

Die detaillegetreue Ausführung konzentriert er allein auf die imposante Basilika St. Peter und hier im Speziellen auf den einzigartigen Kuppelbau des Michelangelo Buonarroti. Die scheinbare Unvollkommenheit der übrigen Bildausführung ist dabei ein gestalterisch bewusst eingesetztes Moment, um die Kurzlebigkeit jener betörenden Abendstimmung zu betonen aber auch um auf den künstlerischen Schaffensprozess zu verweisen.

In vorderster Bildebene zeigt der Maler eine Art Niemandsland mit unbestimmbarer Vegetation aus flüchtig gesetzten, sich vertikal überlagernden Farbflächen in Ocker, Grau und Braun. Hinter einer steingrauen Fläche am rechten unteren Bildrand, die eine Parkmauer zu markieren scheint, Zinnen sind in den dunklen Schattierungen zu erahnen, ragen dunkel, verschattet angelegte Baumkronen ins Bild. Wie ein Repoussoir klassizistischer Landschaftsmalerei lenken sie den Blick unmittelbar zum majestätischen Baukörper im Zentrum der Vatikanstadt. Ins Abendlicht getaucht, ragt die imposante Kuppel würdevoll über dem Baukörper, ja über der gesamten Stadtarchitektur empor. Sie markiert und dominiert die Mittelachse des Bildes, welche exakt durch die Laterne verläuft.

Die weitere architektonische Umgebung der Basilika, das Bild der Stadt, das den Bildmittelgrund bis hin zum Horizont konstituiert, gibt Isola mit sparsamsten Mitteln wieder. Bis auf die Vegetation, für die der Maler satte Grüntöne findet, bleibt die gesamte urbane Landschaft lediglich angedeutet. Dennoch leuchtet dieser Bildraum und fesselt den Blick, lenkt ihn durch das kaum Deutliche. Flächen unbearbeiteten Papiers stehen für Fassaden, Fenster und Straßenschluchten. Sparsam gesetzte, funkelnd gelbe Kreidestriche markieren die Dächer der Stadt. Das Faszinosum der übervollen und unermüdlich brodelnden Metropole wird durch eben diese Reduktion der Ansicht charakterisiert.

Dem Maler gelingt es, auch mit Hilfe von nur wenigen, angedeuteten Fassadenflächen die typische Lichtsituation genau zu schildern und die durch sie vermittelte Stimmung dem Rezipienten unmittelbar zugänglich zu machen. Das Skizzenhafte betont das Momenthafte der dargestellten Abendszene. Wohl zu keiner anderen Tageszeit verändert sich das Kolorit einer Szenerie so rasch, wie an einem Winterabend.
Die Wechselwirkung zwischen der genauen Wiedergabe einer natürlichen Lichtsituation und die daraus resultierende sinnlich, emotionale Wirkung des Bildes, stellen einen faszinierenden Kontrast dar. Derselbe Kontrast findet sich auf künstlerisch technischer Ebene im Gegenüber der nicht ausgearbeiteten Partien und der sorgfältig ausgeführten Kuppel sowie der pastosen Farbgebung des Laubwerks im Vordergrund.

Pierluigi Isola knüpft an das Prinzip der unvollendeten Landschaft an, welches seinen Ausgangspunkt in den Naturstudien der deutschen Maler des frühen 19. Jahrhunderts hat. Die Künstler der Romantik arbeiteten mit hellen Papieren. Leerstellen hoben sich darauf überdeutlich von schraffierten oder aquarellierten Partien ab. Sie setzten „das Weiß des unbearbeiteten Papiers ganz bewusst als ein Stilmittel zur Veranschaulichung des Produktions- wie des Rezeptionsprozesses ein.“
Isola verwendet ein getöntes, stark fasernhaltiges Büttenpapier. Auf diesem sind die zart lavierten oder mit Pastellkreide bemalten Partien zuweilen kaum vom nicht behandelten Papier zu differenzieren. Der matte Farbton des Papiergrundes wird also beinahe unmerklich zu einem bestimmenden Element der Bildwirkung.

Der Bildvordergrund mit seiner zwar angedeuteten, doch farbig reich ausgeführten Vegetation, schafft eine Ebene, auf welcher der zarte, skizzenhafte Bildmittelgrund scheinbar zu schweben vermag. Hinter dem Kirchenschiff dehnt sich das Grün der vatikanischen Gärten bis zum Horizont und über diesen spannt sich der perlmutterne Schleier des römischen Abendhimmels in transparentem Licht. Um den klaren blauen Himmel eines kalten römischen Wintertages hat sich zum Abend hin ein leichter Grauschleier aus Auto- und Mofa-Abgasen gelegt. Doch gerade diese unliebsamen Rußpartikel ermöglichen es den tanzenden Lichtflecken, optisch in Erscheinung zu treten und ihr fein nuanciertes Farbspiel prächtig zu entfalten.

So fängt dieser Himmel alles auf. Theoretisch stützt er die gesamte Bildkonstruktion nach oben hin ab und bietet zugleich sinnbildlich allen, von der Darstellung ausgelösten, Emotionen und Assoziationen, Wünschen und Träumen einen möglichen Raum. Diese Himmelsdarstellung verleiht eine Ahnung von kosmischer Weite und akzentuiert damit den religiösen Charakter des singulären Bauwerkes.

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